| Neue Metapher von Zadar: Die Meeresorgel und Der Gruss an die Sonne

 Allem Anschein nach hört die Kirche des heiligen Donatus  auf, das einzige Wahrzeichen von Zadar zu sein. Im westlichen Teil der  Halbinsel Zadar mit dem Namen „Istarska obala“ sind noch zwei architektonische  Wunder aufgetaucht, im besten Sinne des Wortes. Die Küstenpromenade Zadars, auf der fast alles im Zweiten  Weltkrieg zerstört wurde, blieb bis vor kurzem ziemlich inhaltslos. An dieser  Stelle kann man zwar den herrlichen Blick auf die Inseln und den bekannten  Sonnenuntergang geniessen. Zur besseren Nutzung dieses Küstenstreifens war aber  eine neue Anlegestelle für die so genannten Cruiser vorgesehen.  Nikola Baši�, der Architekt aus Zadar, verhinderte jedoch  eine weitere Verkommerzialisierung dieses restlichen Küstenstückes durch  billige Marktbuden mit noch billigeren Waren. Diese Stände hätten sich  vermutlich dort in Kürze angesiedelt. Auf 75 Metern Küstenpromenade hat er eine  Wasserorgel, heute schon „die Meeresorgel“ genannt, konstruiert. Die  Küstenpromenade geht in dieser Länge über einige Treppen ins Meer hinab, und in  jeder Steinstufe sind Röhren unterschiedlichen Durchmessers eingebaut, die  unter dem Einfluss der Meereswellen verschiedene Töne erzeugen. So beschrieben  liest es sich einfach, aber bei der detaillierten Planung und beim Ausbau waren  zahlreiche Fachleute tätig, angefangen vom Akustiker Ivica Stama� über den  Hydraulikingenieur Vladimir Andro�ec und dem Orgel-Spezialisten Heferer bis zu  Baši�s Freund Goran Ju�ina, der die innovativen Pläne in seiner Werkstatt in  die Realität umsetzte. Es war nicht unwesentlich, welche Töne erzeugt und  welche Baumaterialien im Hinblick auf die aggressiven Eigenschaften des  Meerwassers benutzt werden sollten. So hat Stama� sieben Akkorde  zusammengesetzt, die sich abwechseln, und die Auswahl von Tönen und Akkorden  wurde auf der Basis der Musikmatrize des dalmatinischen Männerchorgesanges  gemacht. Was das Material angeht wurde aus Angst vor der Korrosion besonders  auf den Rohrmündungen, wo sich die Pfeifen befinden, Okiten für die Röhren und  Inox für die Pfeifen ausgewählt. Das Projekt wurde mit 43 Millionen Kuna (ca.  9,5 Mio. CHF) aus dem Staatshaushalt finanziert und zusammen mit dem  Anlegeplatz für Cruiser im April 2005 feierlich eröffnet. Die Orgel ist oberirdisch fast nicht oder nur durch  kleine Löcher sichtbar, aus denen die erzeugten Töne mystisch aus dem Inneren  der Steintreppe herausklingen. Mit jeder Bewegung des Meeres, abhängig von Ebbe  und Flut, vom Wind und den Wellen spielt die Orgel immer neue,  unterschiedliche, von der Natur komponierte und interpretierte Konzerte. Der  Autorin erfüllte sich der Wunsch, durch den Klang als vierte Dimension ein  anderes Erlebnis der akustischen Begegnung des Meeres mit dem Lande zu  bekommen. Zadar ist reich an metaphorischen Räumen und mit der Meeresorgel  bekam es noch einen dazu. 
 Nachdem die Meeresorgel mit Erfolg beendet worden war,  hat der Architekt Nikola Baši� an die äusserste Spitze der selben Halbinsel  eine urbane Installation mit dem Namen „Der Gruss an die Sonne“ aufgestellt.  Auf der gleichen Ebene der steingepflasterten Küstenpromenade wurden  dreihundert mehrschichtige Glas- bzw. Solarplatten aufgestellt. Sie sind so  angeordnet, dass sie einen Kreis mit einem Durchmesser von 22 Metern bilden,  der eine symbolische Kommunikation mit dem Licht, also wieder mit der Natur  erzeugt. Die Platten absorbieren am Tag die Sonnenenergie, die dann in  elektrische umgewandelt wird. Gleichzeitig mit dem Sonnenuntergang schalten  sich Beleuchtungselemente ein, und nach dem eigens für diesen Zweck  geschaffenen Szenario erzeugen sie über eine Modemverbindung ein effektvolles  Lichtspiel, das dem Rhythmus der Wellen und dem Klang der Meeresorgel folgt.  Diese Installation wird im Stande sein, auch andere spontan zu inspirieren, die  das Erzeugen von Lichteffekten zum Ziel haben. Auf den Ring, der die Installation umgibt, sind die Namen  und Zahlen aus dem Kalender des heiligen Krševan geschrieben. Man vermutet,  dass dieser Kalender, entstanden zwischen 1292 und 1293, einer der ältesten der  Welt ist, vielleicht der erste, in dem die astronomischen Zahlen mit arabischen  Ziffern geschrieben sind.Dieser Teil der Installation ist in Zusammenarbeit des  Konstrukteurs mit Professor Maksim Klarin entstanden. Auf dem Ring stehen auch  die Namen von Heiligen, von Titularen heutiger und ehemaliger Kirchen auf der  Halbinsel und die Namen von Feiertagen, an denen man ihrer gedenkt. Der Winkel  und die Höhe der Sonne sowie die Dauer des Sonnenlichtes an diesem Tag und an  der Stelle auf der Küstenpromenade sind ebenfalls aufgeführt.
 Die Werke von Nikola Baši� sprechen für einen ganz  modernen Zutritt zum Erleben und verbinden urbanen und natürlichen Raum, den  Menschen mit der Natur, und Zadar, obwohl sonst Schatzkammer der reichen  mitteldalmatinischen Geschichte, zeigt gerade dadurch seine heutige Vitalität.  Text: �elimira Purgar Perovi�
 Übersetzung: Sanja Lipnjak
 Aus der Libra Nr. 23 (2008), der  Zeitschrift des Kroatischen Kulturklubs der Schweiz   |