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Libra - �asopis Hrvatskog kulturnog kluba
 

MARIN DR�I�
(Dubrovnik 1508 – Venedig 1567)

In diesem Jahr (2008 !) jährt sich der 500. Geburtstag des Schriftstellers Marin Dr�i�. Das genaue Geburtsdatum ist uns nicht bekannt. In Kroatien ist das Jahr 2008 vom kroatischen Parlament zu Dr�i�’s Jubiläumsjahr erklärt worden. Gedacht wird des grössten kroatischen Lustspieldichters unter anderem mit wissenschaftlichen Symposien über den Autor, einer Enzyklopädie mit über tausend Begriffen zu seinem Leben und Schaffen, Neuausgaben und Übersetzung seiner Werke in grosse Weltsprachen.

Die wenigen überlieferten biographischen Daten besagen, dass Dr�i� aus einer wohlhabenden bürgerlichen, im Handel tätigen Familie in Dubrovnik stammt, die sich in seiner Jugend sehr stark verschuldete. Dr�i� hat Theologie studiert und wurde gemäss Familientradition zum Rektor der Kirche Allerheiligen in Dubrovnik und der Kirche St. Petrus auf der nahe gelegenen Insel Kolo�ep ernannt. Da die Einnahmen aus diesen Ämtern spärlich waren, übernahm er dazu das Amt des Organisten im Dom zu Dubrovnik. Als im Jahre 1538 auch der Familiensitz bei einer Zwangsversteigerung verloren ging, verliess er Dubrovnik, um mit Unterstützung des Senats in Siena weitere Studien in Angriff zu nehmen. Im Domus Sapientiae (Internat) wählten ihn Studenten im Jahre 1541 zum Rektor, was automatisch auch das Amt des Vizerektors der Universität beinhaltete. Aus den Akten geht hervor, dass er die Universität bei diversen Feierlichkeiten vertrat, in Konflikte mit Studenten und Stadtverwaltung verwickelt war und einen Verweis wegen des Besuchs einer verbotenen Aufführung erhielt. Immerhin ehrte man ihn in Siena mit den Titeln professore in litteris und magnifico retore, obschon bis heute nicht klar ist, was er eigentlich in Siena in all diesen 7 Jahren gemacht hat.

Im Jahre 1545 kehrte Dr�i� nach Dubrovnik zurück. Im gleichen Jahr tauchte in Dubrovnik der österreichische Graf Christoph von Rogendorf auf, der sich aus familiären Gründen gerade mit dem Wiener Hof überworfen hatte. Der Senat bestimmte Dr�i� zu seinem Begleiter, Diener und Unterhalter. Dr�i� reiste mit dem Grafen nach Konstantinopel. Als er erfuhr, dass der Graf in Dienst des Sultans zu treten beabsichtigte, was angesichts der geopolitischen Lage der Republik Dubrovnik sehr heikel war, kehrte er ihm den Rücken zu und kehrte nach Dubrovnik zurück. Christoph von Rogendorf wird später in Dr�i�’s bestem und berühmtestem Stück Onkel Maroje als ein reicher, brutaler und unhöflicher Ugo Tedeško (Hugo der Deutsche) dargestellt.

Wahrscheinlich erst im Jahre 1550 liess sich Dr�i� zum Priester weihen. Die Mehrheit der Priester in der Republik lebte als poverissimi, in den Diensten der Patrizier als Marktzulieferer, Winzer, Strassenkehrer. Immerhin erhielt Dr�i� einen Staatsdienst als Schreiber in der staatlichen Meersaline. Möglicherweise hat ihn diese Arbeit zur Ironisierung der Oligarchie in der Republik in seinen Werken inspiriert. In ungefähr zehn Schaffensjahren hat Dr�i� zwölf Bühnenstücke geschrieben, von denen Pomet völlig verloren ist und weitere, Pjerin und �uho Kerpeta, nur in Fragmenten erhalten sind. Mande, einem Bühnenstück, das Gemeinsamkeiten mit Molières Georges Dandin aufweist, fehlt der erste Akt. Bei den Stücken Arkulin und Plakir wird der Anfang und bei Skup und Dundo Maroje das Ende vermisst. Dr�i�’s Stücke wurden im Zusammenhang mit Fasnachts- oder Hochzeitsfeierlichkeiten aufgeführt.

Das einzige 1551 in Venedig gedruckte Buch des Autors enthält Liebesgedichte, Der gefoppte Stanac, Venus und Adonis, Tirena. Venus und Adonis und Tirena sind in Versen geschriebene Schäferspiele und wurden in den Jahren 1549 bzw. 1551 aufgeführt. Die originelle, mit realistischen Details bereicherte und bis heute frisch wirkende Komödie Der gefoppte Stanac (Novela od Stanca – aufgeführt 1550) schrieb Dr�i� in zwölfsilbigen Versen (316 Verse). Stanac ist ein Bauer, der zur Fasnachtsfeier mit seinem Ziegenbock nach Dubrovnik kommt. Den städtischen Jungen gelingt es, ihn für eine Verjüngung zu begeistern und sie entwenden ihm beim Tanz und Abscheren des Bartes den Ziegenbock. Die Komödie wurde ins Deutsche übersetzt (Agramer Zeitung, 1890).

In der Komödie Plakir (lat. placere = Sehnsucht) schrieb Dr�i� vor Shakespeare bereits einen Sommernachtstraum und lange vor Molière einen Geizigen (Skup). Albert Bates Lord hat Ähnlichkeiten zwischen Plakir und Puck festgestellt und die kroatischen Wissenschaftler werden nicht müde, die Vergleiche mit Molière zu ziehen. Allerdings geht es nicht darum, die Einflüsse des Kroaten auf den Franzosen oder den Engländer zu begründen, sondern auf die gemeinsamen lateinischen und italienischen Quellen hinzuweisen. Timon von Athen redet in seinem Monolog über „Gold! kostbar, flimmernd, rotes Gold?“…“So viel hievon macht schwarz weiss, hässlich schön, schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel“. In der Komödie Skup (Der Geizige) lesen wir, dass „mit Gold die Güte verloren geht und es die Menschen schädigt; die Bequemlichkeit den Dieb macht und Gold ein Magnet ist. Liebe ist nicht die Liebe, das Gold ist die Liebe; das Gold zieht alt und jung, schön und hässlich, heilig und sündig, weltlich und kirchlich an“.

In seinem Hauptwerk Onkel Maroje (Dundo Maroje) zeigt sich Dr�i� als Meister des witzigen Dialogs, der Situationskomik und der breiten Intrige. Ein reicher, aber geiziger Kaufmann aus Dubrovnik, Onkel Maroje, sucht seinen verschwenderischen Sohn Maro in Rom, wohin er ihn zum Wareneinkauf geschickt hat. Die Handlung spielt vor dem Haus der Geliebten des Sohnes in Rom. Durch die List des Dieners Pomet erhält Onkel Maroje einen Teil des verloren geglaubten Vermögens zurück. Onkel Maroje wurde von F. Alten unter dem Titel Die verlorenen Dukaten übersetzt (Leipzig 1942). Der kroatische Schriftsteller und Dramaturg Milan Begovi� hat das Stück unter dem Titel Vater Marojes Dukaten ins Deutsche übertragen (München o.J.). Die Komödie wurde 1550 in Dubrovnik uraufgeführt, was Heinz Kindermann in seiner Theatergeschichte Europas zur Feststellung veranlasste: „Es ist kaum fassbar, dass dieses Werk schon 11 Jahre vor Lope de Vegas Geburt, 14 Jahre vor Shakespeares Geburt, 71 Jahre vor Molières und 156 Jahre vor Goldonis Eintritt in die Welt uraufgeführt wurde.“

Sosehr Dubrovnik im Handel eine offene Republik gewesen ist, waren die Patrizier darauf bedacht, dass innerhalb der Stadtmauer keine unkontrollierbaren Regungen entstanden. Die erste Druckerei in Dubrovnik wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts in Betrieb genommen. Die literarischen Werke wurden entweder im Ausland gedruckt oder jeweils von Hand abgeschrieben und verbreitet, so dass keines der Werke von Dr�i� bis heute in der Erstschrift des Autors gefunden wurde. Auf das literarische Schaffen hatte die konservative Haltung der ragusanischen Obrigkeit keinen Einfluss. Sowohl in der Republik als auch in den übrigen, unter fremden Herrschaften stehenden Gegenden Kroatiens kam die doppelsprachige (lateinisch und kroatisch) Literatur zur Zeit der Renaissance und des Humanismus zum Blühen. Dr�i� hat sich mit einem Teil seiner Volksgenossen für die kroatische Sprache bzw. für deren ragusanisches Idiom entschieden und zum kunstvollen Ausdruck der Sprache einen enormen Beitrag geleistet.

Dr�i� war ein gebildeter Teilnehmer der Renaissance und kannte sowohl die italienische commedia dell’arte als auch Plautus und andere Quellen sehr gut. Seine Bühnenstücke zeugen jedoch durch Personen aus der nächsten Umgebung, vulgäre und gewählte Sprache, lebhafte und überraschende Wendungen in der Handlung von der Originalität des Meisters. Sie vermitteln uns sicher das vollständigste Bild über Dubrovnik zur Zeit seines wirtschaftlichen Aufstiegs und moralischen Niedergangs. Dr�i� ist aber weder ein Satiriker noch ein Moralapostel. Seine Vorliebe gilt dem Humor und Spass mehr als der Verbesserung der Welt. Er sah die Welt, so wie sie ist, geleitet von utilitaristischen Zielen und belastet mit allem möglichen Irrsinn.

Politik ist für Dr�i� eine Herausforderung gewesen. Dass die senilen, egoistischen und geizigen Patrizier die Macht in der Republik Dubrovnik nur für sich behielten und sich zu den Osmanen wie Untertanen verhielten, konnte er als intelligenter und fähiger Mensch aus dem Volk nicht einfach hinnehmen. Im Jahre 1566 verliess er Dubrovnik verbittert und liess sich in Florenz nieder. Dr�i� beabsichtigte, mit Hilfe des Herzogs Cosimo I. Medici die Republik Dubrovnik zu befreien. Bis jetzt sind sechs von sieben an Cosimo I. gerichtete Briefe entdeckt worden. Der erste Brief gilt nach wie vor als vermisst. In einer Antwort wird Dr�i� gefragt, ob er allein oder mit anderen die Verschwörung organisiere. Und auf was er seine Gewissheit gründe, dass die Verschwörung gelinge und er die Macht in der Republik aufrechterhalten könne? Mehr als eine verbale Erkundung hat der Herzog allem Anschein nach nicht unternommen.

Im Jahre 1562 hält sich Dr�i� in Venedig als Kaplan des Erzbischofs in der Basilika Hl. Johannes und Paulus auf. Hier stirbt er plötzlich im Jahre 1567 und wird auch in der Basilika begraben. Bis heute sind die Umstände seines Todes nicht geklärt. Kroatien feiert Marin Dr�i�, seinen grössten Lustspieldichter, müsste aber mehr Anstrengung an den Tag legen, um ihn der Welt zugänglich zu machen.


Text: Tihomir Nui�

Aus der Libra Nr. 24 (2008), der Zeitschrift des Kroatischen Kulturklubs der Schweiz

 


                          

 

 
 
 
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