Die
"Besonderheit" des jugoslawischen Marxismus
Za razliku
od sunarodnjaka u prekomorskim zemljama, Hrvati u Zapadnoj Europi nisu
imali redovita glasila na stranima jezicima. Povremene publikacije na
stranim jezicima nisu mogle biti nadomjestak za jedno glasilo koje bi
se redovito pojavljivalo na tr�i�tu i informiralo javnost o hrvatskim
problemima u nehrvatskoj dr�avi. "Ost-Dienst" iz Hamburga pokojnoga
Hansa Petera Rullmana niti su osnovali niti vodili Hrvati. Hrvatski
politi�ki emigranti uspjeli su se slo�iti oko ideje jednoga redovitoga
glasila na njema�kom jeziku i po�eli 1976. godine s tiskanjem "Kroatische
Berichte". Glasilo se pojavljivalo �etiri puta godi�nje, a bavilo
se prvenstveno politi�kim, gospodarskim i kulturnim pitanjima Hrvata.
Kao i puno toga, i taj se hrvatski glas u�utio oslobo�enjem zemlje.
Iz dana�nje perspektive gledano, mo�emo re�i - �teta. Upravo se oslobo�enjem
domovine moglo okupiti oslobo�ene snage u Njema�koj, Austriji i �vicarskoj
i �iriti vijesti i analizirati doga�aje iz hrvatske perspektive i nuditi
ih publici njema�koga govornoga podru�ja.
Jednom je prilikom urednik "Kroatische
Berichte" dogovorio sastanak s hrvatskim emigranatima iz �vicarske
u mojoj ku�i. S tim upoznavanjem po�ela je i na�a suradnja. �itateljima
portala dajem na uvid jednu analizu "posebnosti" jugomarksizma
kojoj je bio nasjeo gotovo cijeli svijet. Upravo zbog toga se moglo
onako nesmetano i provoditi teror nad Hrvatima i drugim ljudima �eljnim
slobode u biv�oj dr�avi. �lanak se pojavio u "Kroatische Berichte"
3/1987, str. 7-9.
Tihomir Nui�
Die jugoslawische Form des Marxismus
wird in den westlichen Medien bereits vier Jahrzehnte als eine "Besonderheit"
in der kommunistischen Welt hervorgehoben. Handelt es sich dabei um
eine tendenzi�se Betonung oder verdient das Modell tats�chlich angesichts
seiner nichttotalitaristischen Struktur die positive Einsch�tzung,
welche in der anhaltenden Unterstreichung der "Besonderheit"
steckt? Um diese Frage ohne propagandistische Verzerrung zu beantworten,
sei auf die folgenden Fakten und Zusammenh�nge hingewiesen.
Da die Schriften von Karl Marx -
entstanden in der Zeit zwischen 1841 (Dissertation �ber Epikur) und
dem Jahre 1894 (dritter Band des "Kapitals") - weder eine
bestimmte Philosophie noch eine einheitliche politische Praxis formulieren,
konnte jede kommunistische Partei je nach gegebenen Umst�nden und gesetzten
Zielen das ihr Genehme in den Vordergrund r�cken. Die vielen Widerspr�che,
Andeutungen und Schlagw�rter in Marxens Schriften verf�hren geradezu,
innerhalb des dogmatischen Rasters Marxismus-Leninismus verschiedene
Akzente zu setzen, wobei allerdings auf einen gewissen Rahmen und auf
die wichtigen Chiffren als Zeichen des gemeinsamen Erkennens geschworen
wird. So haben beispielsweise Lenin und seine Epigonen die radikale
Version des Klassenkampfes und der Revolution von Marx und Engels akzentuiert,
w�hrend die Theoretiker der jugoslawischen Selbstverwaltung sich im
Jahre 1950 mehr von Marx's Traum �ber eine utopische Gesellschaft, in
der die unmittelbaren Produzenten oder die Werkt�tigen in freier Vereinigung
miteinander �ber die Produktion und �ber ihr Leben entscheiden sollten,
inspirieren lie�en. Diese radikalere Form des jugoslawischen Marxismus
wird von den jugoslawischen Theoretikern gerne als "Selbstverwaltungssozialismus"
im Unterschied zum sowjetischen "Staatssozialismus"
bezeichnet, wobei sie unterschlagen, da� es sich bei dieser "Besonderheit`,
"besonderen Form" oder gar "dem besonderen Weg"
um eine akzidentelle Erscheinung handelt.
Die substantiellen Elemente
im Marx's Werk jedoch bilden "der Klassenkampf" und "die
Revolution`, welche bis heute eine gemeinsame, vereinigende Losung aller
kommunistischen Parteien blieben. Diese beiden Begriffe werden von allen
Kommunisten in den selbsternannten sozialistischen L�ndern gleich gedeutet;
den b�rgerlichen Parlamentarismus ablehnend, haben sie alle die totale
Revolution angenommen. Und wie diese totale Revolution alles Bestehende
umst�rzt, mu� auch die revolution�re Ideologie eine ganzheitliche Weltanschauung
mit gleichzeitiger Anweisung f�r die Aktion sein. Ist die Revolution
vollendet, was ist dann mit dem Klassenkampf, der nicht gewerkschaftlich
ausgetragen werden kann? Au�enpolitisch bleibt der Klassenfeind nach
wie vor Imperialismus und Kapitalismus! Das Dilemma �ber die Verwendung
der Klassenkategorien im Lande d�rfte schwieriger zu l�sen sein, denn
es h�ngt mit der Frage zusammen, wer wen exploatiert! Dieser Klassenkampf
bleibt also noch idealer Vorwand. zur ideologischen Rechtfertigung des
Terrors an unschuldigen Menschen.
Wie aus dem Besagten hervorgeht,
konnte nicht die tats�chliche Andersartigkeit des jugoslawischen Kommunismus
entscheidend f�r seine positivere Einsch�tzung im Westen gewesen sein,
sondern der bis heute nicht ganz aufgekl�rte Konflikt zweier Fanatiker
der Macht: Stalin - Tito; verbunden mit der eindeutigen Sympathie f�r
den dem Westen ungef�hrlichen Tito und dem Mi�trauen gegen�ber dem unberechenbaren,
betr�gerischen und gef�hrlichen Stalin. Es sei dem geschichtlichen Urteil
�berlassen, wer (und wann?) den Konflikt ausgel�st hatte: Ob sich Tito
im Streit Molotow-Schdanow durch seine Parteinahme f�r Molotow oder
durch seine Absicht, mit dem bulgarischen Parteichef Georgi Dimitroff
eine Balkan-F�deration zu bilden (was er nach zwei Monaten aufgab),
in die sowjetischen Angelegenheiten einmischte, oder trifft genau das
Gegenteil zu, da� sich Stalin in die jugoslawischen Angelegenheiten
einmischte, indem er durch seine in Jugoslawien t�tigen Berater und
Rotarmisten Titos Macht unter Kontrolle halten und seine agressive Au�enpolitik
(Triest, K�rnten, Unterst�tzung der griechischen Kommunisten) b�ndigen
oder ihm eben die seitens Tito bereits aufgegebene Balkan-F�deration
mit Dimi-troff aufzwingen wollte ? Auf jeden Fall bleibt die Feststellung
historisch unbestreitbar: Stalin reagierte am 29. Juni 1948 mit dem
Ausschluss Jugoslawiens aus dem Kominformb�ro.* F�lschlicherweise wird
dieses Datum als Titos "Bruch mit Stalin" bezeichnet, wenn
auch geschichtlich gesehen das Umgekehrte zutrifft.
Wer jedoch darauf eine Abrechnung mit Stalin erwartete, t�uschte sich.
Sowohl am 5. Kongress der Partei (21. - 28. Juli 1948) als auch in seinen
ver-schiedenen Reden und Gespr�chen (u. a. mit dem englischen Labour-Abgeordneten
Koni Zilliacus; vgl. sein Buch "Tito of Yugoslawia", London 1952)
versuchte Tito den Konflikt herunterzuspielen,
vielmehr beteuerte er seine Bereitschaft zur Freundschaft und Treue
zu Stalin. Die Schlu�worte seiner Rede am erw�hnten Parteitag best�tigen
dies: "Zum Schlu�, Genossen, will ich betonen, da� wir mit aller Macht
an einer Wiederherstellung der Beziehung zwischen unserer Partei und
der KPdSU arbeiten wollen. Wir hoffen, da� uns die f�hrenden Genossen
der KPdSU die M�glichkeit geben werden, ihnen hier an Ort und Stelle
zu beweisen, was an der Resolution unrichtig ist".
Trotz dieser Worte und Beteuerungen
blieb der d�monische Zug der revolution�ren Ideologie nicht aus. Tito
s�uberte die Partei von den "Inforb�roleuten" d.h. Stalinisten,
was ihm viel Lob im Westen brachte und nicht zuletzt auch den Profit
vom Marshallplan. Im Gegenzug verfolgte Stalin auf dieselbe Art die
"Titoisten". Der l�ngst kranke und von "internationalen Verschw�rungen"
umgebene Stalin griff Titos S�uberungen auf als fertige Beweise f�r
seine Agentenarbeit fair den Imperialismus. Um aber von Stalin nicht
mit dem Westen identifiziert zu werden, s�uberte Tito nicht nur die
Partei, sondern auch den ganzen Staat von "antisozialistischen Elementen".
So fie-len nicht nur viele einfache, in keinerweise mit Politik verbundene
Menschen den S�uberungen anheim, sondern auch die ganze im Lande verbliebene
politische Elite aus dem Vorkriegsjugoslawien, sogar die Sozialdemokraten.
Es entstanden in Jugoslawien viele
neue Gefangenenlager. Das ber�cktigste unter ihnen ist auf der Adriainsel
"Goli Otok" (Kahle Insel) errichtet worden, das in seinen Steinbr�chen
laut neueren jugoslawischen Berichten rund 50.000 Opfer verschlungen
haben soll. Wenn sich auch Stalin durch den eigenen Bannspruch aus Jugoslawien
verbannte, blieb sein Ungeist, genannt Stalinis-mus, pr�senter denn
je im Lande.
Je mehr die Anbiederungsversuche
bei Stalin auf taube Ohren stie�en, umso mehr suchten die ju-goslawischen
Kommunisten bessere "Marxisten-Leninisten" zu werden. Als eine
der Folgen dieses Radikalisierungskurses ist die Einf�hrung der Arbeiterselbstverwaltung
am 26. Juni 1950 zu sehen. Die �bergabe der Fabriken und Wirtschaftsbetriebe
"zur Leitung an die Arbeitskollektive" soll das Absterben des Staates
bedeuten. Genau 35 Jahre danach liegt uns die Bilanz der kroatischen
M�belfirma "M. �avri�" Zagreb, vor, die diese Theorie auf deutlichste
Art und Weise widerlegt: Die verf�gbaren Geldmittel betragen f�r das
laufende Jahr 291,5 Mio Dinar. Die Steuern und Abgaben an den Staat
betragen 220,8 Mio. Dinar. Dem Unternehmen bleiben f�r die eigene Entwicklung
70,7 Mio. oder 24,3% von der verdienten Akkumulation. Ist hier weniger
Staat als beispielsweise in der Sowjetunion zu finden?
Eine weitere Folge des Radikalisierungsprozesses
war die Namens�nderung der Kommunistischen Partei in "Bund der Kommunisten"
am 6. Parteitag im Jahre 1952, an welchem Tito wagte, gegen Stalin zu
polemisieren. Wie die Arbeiterselbstverwaltung das Absterben des Staates
bedeuten soll, hat die Umbenennung der Partei herbeizuf�hren. Tito stand
nun im Ruf des F�hrers des gr��ten Liberalisierungsprozesses innerhalb
der kommunistischen Bewegung. Wie aber diese Liberalisierung aufrichtig
und ehrlich gemeint war, erkl�rte er selber vor dem jugoslawischen Gewerkschaftsbund
im Jahre 1971, also im Jahre, in dem sich die kroatischen Kommunisten
ganz intensiv auf den 6. Parteitag beriefen und seine Be-schl�sse zu
vollziehen trachteten, wie folgt: "Ich wollte euch sagen, Genossen,
da� ich mit dem 6. Parteitag ziemlich unzufrieden war. Die Dinge haben
mir nicht gefallen, aber ich habe nachgege-ben, und das war der erste
Schritt auf diesem We-ge". Und im selben Jahr vor den Stadtv�tern
der kroatischen K�stenstadt Zadar: "Nach dem 6. Parteitag ist der Bund
der Kommunisten Jugosla-wiens verwahrlost. Ich mu� das sagen, denn damals
gab es viele Unklarheiten �ber die Demokratie und die Rolle des Bundes
der Kommunisten".
Die obigen S�tze zeigen nun deutlich,
da� jeder Versuch, die marxistisch-leninistische Ideologie zu �ndern,
nur �u�erlich und oberfl�chlich ist und in einem leeren Verbalismus
endet. Der diktatorische und totalitaristische Keim dieser Ideologie
bleibt ihr wesentliches Merkmal. Die Unterschiede zwischen einzelnen
sozialistischen Staaten, die auch innerhalb einzelner Staaten feststellbar
sind, sind blo� mariginale Erscheinungen, die mehrheitlich auf die kulturellen
und historischen Entwicklungen einzelner V�lker zur�ckzuf�hren sind.
Von einer "Besonderheit" innerhalb der kommunistischen Welt, die
mehr Freiheit und Gerechtigkeit bieten w�rde, kann keine Rede sein.
Der kroatische Schriftsteller, Vlado Goto-vac, der seit 1972 zum Schweigen
verurteilt ist und seither 6 volle Jahre im Gef�ngnis verbracht hat,
hat einem westlichen Journalisten die Frage nach dem Unterschied zwischen
dem jugoslawischen und sowjetischen System so beantwortet: "Es ist v�llig
egal, ob ich in Jugoslawien oder in der UdSSR nicht reden kann. Tatsache
ist, da� ich nicht frei sprechen kann, und Tatsache ist, da� mein Denken
mit denselben Mitteln zu verhindern gesucht wird ... Die Unterschiede
lassen sich daran ablesen, zum Beispiel, wenn ich nach Stara Gradinka
komme, zu vier Jahren verurteilt bin - in der Sowjetunion w�re ich zu
zehn Jahren verurteilt worden und ich w�re nicht in Stara Gradi�ka gewesen,
sondern, sagen wir, in Kolima".
In diesem Zusammenhang wird in westlichen
Medien die Auswanderung der jugoslawischen Arbeiter als eine Form von
gr��erer Freiheit hervorgehoben, wobei man gerne �bersieht, was es einen
jugoslawischen Staatsangeh�rigen kostet, einen Reisepass zu erhalten
und zu behalten; er mu� auf die grundlegensten Rechte, auf die pers�nlichste
Freiheit - seine eigene Meinung zu �u�ern - verzichten, um einen Reisepa�
zu haben. F�r einen im westlichen Ausland verdienenden Arbeiter ist
es eine schreckliche Sache, da� ihm sein Reisepa� jederzeit entzogen
werden kann, da� dieser Aspekt seiner Freiheit sehr streng kon-trolliert
ist, und da� er gewaltig diszipliniert sein mu�. Es ist zynisch, da�
dieses komplexe Problem nur unter dem Aspekt des Vergleichs mit anderen
sozialistischen Staaten betrachtet wird.
Gibt es also "die Besonderheit"
des jugoslawischen Marxismus? Diese Frage m�ssen wir in zweierlei Hinsicht
bejahen. Es gibt sie in einer verwirrenden theoretischen Phraseologie
wie zum Beispiel in der Lehre vom "Absterben" des Staates
und der Partei - wenn sie auch, entgegen dem 6. Parteitag, nicht jetzt
antizipiert werden darf, sondern immer mehr in eine ferne Zukunft ger�ckt
wird - also in einer v�lligunverbindlichen Form. Es gibt sie,
zweitens, aber auch als Folge solcher und �hnlicher Propaganda, verst�rkt
durch au�enpolitische Nichtgebundenheit, wonach die jugoslawischen Kommunisten
genau wie zur Zeit des Konflikts mit Stalin mehr Spiel-raum in Bezug
auf die freie Welt bekommen, um mit den politischen Gegnern ungest�rt
abzurechnen. Da� Jugoslawien heute mit seinen 1500 bis 2000 politischen
Gefangenen weit an der Spitze aller europ�ischen Staaten liegt, h�ngt
nicht zu-letzt auch damit zusammen (vgl. ,',1-he Washing-ton Times"
vom 5. Juni 1986".
Das freiheitliche, pluralistische
Gedankengut tut sich freilich schwer (hoffentlich bleibt es so auch
in Zukunft!) mit der undurchsichtigen Machtver-bindung des byzantinischen
Monolithismus und des marxistisch-leninistischen Totalitarismus, al-so
einem politischen System, dem die Verach-tung des Individuums zu Gunsten
eines utopi-schen Kollektivs immanent ist.
PS: Der Autor dieses Artikels
mu� anonym bleiben,
da er sonst in Kroatien verhaftet w�rde.