11.03.2005.
Titos
Schlag gegen den "Kroatischen Fr�hling"
Darstellung
aus der Sicht eines Betroffenen
Miko Tripalo (umro devedestih godina
pro�loga stolje�a) je bio jedan od vode�ih hrvatskih komunista. Obavljao
je du�nosti na saveznoj i republi�koj razini. Kad je u u studenome 1971.
u Kara�or�evu bio uklonjen sa svih partijskih i dr�avni�kih du�nosti,
za�utio je do 1989. godine. Strane je novinare odbijao s obrazlo�enjem
da �e s njima tek onda razgovarati kad mu bude dopu�teno govoriti u
njegovoj zemlji. Godine 1990. godine je objavio knjigu "Hrvatsko Prolje�e".
Tu sam knjigu prikazao u Neue Z�rcher Zeitungu br. 187, 15.8.1990.,
str. 21. Tihomir Nui�
Der 1926 geborene Miko Tripalo ist
die Symbolfigur jener kontroversen Jahre (1965 bis 1971), die man gerne
etwas emphatisch als "Kroatischen Fr�hling" bezeichnet. Bereits als
junger Gymnasiast trat er jenem Teil des Widerstandes bei, der von den
Kommunisten angef�hrt wurde. In den Nachkriegsjahren bildete er sich
als Jurist aus und wurde im politischen Leben des Landes aktiv. Wegen
seiner treuen Vasallenhaltung in der Funktion des Pr�sidenten der Jugoslawischen
Jugend wurde er 1962 zum politischen Sekret�r des Zentralkomitees der
Stadt Zagreb und im Jahre 1966 zum Sekret�r des ZK der kom-munistischen
Partei Kroatiens bef�rdert. Im Jahre 1971 wurde er dann wegen "Bildung
einer Fraktion" aller seiner Partei�mter enthoben. Gleichzeitig legte
er seine Mitgliedschaft beim Kollektiv-pr�sidium sowie alle anderen
Staats�mter nieder. Im Jahre 1989 meldete er sich in einer slowenischen
Zeitung erstmals wieder �ffentlich zu Wort, und mit dem vorliegenden
Buch* brach er sein Schweigen �ber die damaligen Ereignisse.
Hoffnung auf Dezentralisierung
Nachdem die Sieger seinerzeit ihr Urteil �ber die umstrittenen Jahre
des "Kroatischen Fr�hlings" l�ngst gef�llt und gegen�ber der Welt�ffentlichkeit
die Bewegung als Nationalismus hingestellt hatten, lassen wir nun den
Unterlegenen zu Wort kommen. Tripalo beschreibt seine Rolle als Bef�rworter
der von Tito und Kardelj am 8. Kongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens
im Dezember 1964 initiierten Reformen. Damals beschlossen die Kommunisten,
eine Wirtschaftsreform durchzuf�hren und die Selbst-verwaltung zu festigen.
Dies bedeutete, dass die Unternehmen �ber ihren erwirtschafteten Gewinn
verf�gen und die Selbstverwaltungsorgane der staatlichen Administration
und der Partei gege�ber autonom handeln konnten. Kroatien, das durch
Warenexport, Tourismus, Schiffahrt und �berweisungen der zahlreichen
Emigranten als der gr�sste Devisenverdiener Jugoslawiens galt und 89
Prozent nach Belgrad abliefern musste, erblickte neue Perspektiven f�r
seine veralteten und erneuerungsbed�rftigen Industriebetriebe. Zudem
erhoffte man in Kroatien die Befreiung von Zinslasten, die durch die
Anleihen von Belgrader Finanzinstituten (auch von der Geheimpolizei
gegr�ndeten) auf den Betrieben in Kroatien lasteten. Von der F�deralisierung
versprach man sich auch eine effektivere Verteilung der ausl�ndischen
Investitionen. Bis anhin waren so absurde Projekte wie die teuerste
europ�ische Eisenbahnlinie Belgrad-Bar, die nach Tripalo weder vom strategischen
noch vom wirtschaftlichen Standpunkt her zu rechtfertigen ist, nicht
zu verhindern gewesen.
Wirtschaftsfragen als Kern des
Konflikts
Deswegen trat die kroatische F�hrung entschieden f�r "saubere Rechnungen"
ein. Als im Bundesparlament eine Anfrage nach dem Geld f�r die unterentwickelten
Regionen so beantwortet wurde: "Euere Aufgabe ist, zu geben, und unsere,
zu verbrauchen, wie wir es wollen!", fassten die kroatischen Kommunisten
dies nicht als Zeichen der Undurchsetzbarkeit ihrer Forderungen auf,
sondern beharrten auf ihrem Kurs. Tripalo l�sst in seinem Buch keine
Zweifel daran, dass die Wirtschaftsfragen im Zusammenhang mit der Durchf�hrung
der Parteibeschl�sse das Wesen des Konflikts ausmachten. Je h�rter die
Auseinandersetzungen um die Wirtschaftsreform wurden, um so mehr bem�hte
sich Belgrad, die wirtschaftlichen Konflikte in nationale umzubiegen
- was eine Hetzpropaganda wesentlich erleichterte.
Vorwurf des Separatismus
Tats�chlich sah sich die kroatische F�hrung bald schon diskreditiert:
Zuerst fand man einen Agenten bei der Milit�rmission in Berlin, der
ihr Zusammenarbeit mit kroatischen Emigranten vorwarf. Da allen bekannt
ist, dass die kroatischen Emigranten f�r eine Abtrennung Kroatiens von
Jugoslawien sind, war es ein leichtes, ihre F�hrung des Separatismus.
zu bezichtigen. Dazu trug auch die wiederholte �sserung Tripalos bei,
die kroatischen Kommunisten h�tten nicht "um irgendein, sondern um ein
f�deratives und gleichberechtigtes Jugoslawien" gek�mpft. Auch kam es
innerhalb der kroatischen Kommunisten zur Spaltung. Die damals f�hrende
Figur, Vladimir Bakari�, wandte sich mit seinen Anh�ngern gegen die
Reformer, da er eingesehen hatte, dass die Kr�fteverh�ltnisse der Republiken
- 5:1 - nicht verschoben werden konnten. Damit war der Weg f�r die absurdesten
Beschuldigungen und Intrigen frei. Bei seinem Besuch in Zagreb unterhielt
sich etwa der damalige amerikanische Pr�sident Nixon mit dem Rektor
der Kroatischen Universit�t, Ivan Supek. Als der Pr�sident dem Professor
auf die
Schultern klopfte, wurde dieser sofort beschuldigt, an internationalen,
Jugoslawien gegen�ber feindlichen Verbindungen beteiligt zu sein.
Dass sich die kroatische F�hrung
innenpolitisch noch halten konnte, ist laut dem Autor dem unentschlossenen
Verhalten Titos zu verdanken. Einerseits hatte der Marschall seinen
Z�gling Tripalo f�r "h�here Funktionen" im Lande vorgesehen, anderseits
musste er seine Hofkamarilla, die gleichermassen gegen ihn und die kroatische
F�hrung intrigierte, beruhigen. Noch im September 1971 hatte er sich
nach einer Sitzung mit der kroatischen F�hrung �ber den Reformprozess
lobend ge�ussert.
Die aussenpolitische Komponente
Wegen Titos relativ positiver Haltung ist Tripalo in seinem Buch bem�ht,
die aussenpolitischen Elemente bei der Entscheidung des Marschalls zur
Absetzung der kroatischen F�hrung zu betonen. Im September 1971 besuchte
n�mlich Breschnew Jugoslawien. Nach siebenst�ndigem Gespr�ch zwischen
den beiden Staatsm�nnern liess Tito nichts davon verlauten. Aber Tripalo
hatte selber Unterredungen mit den hohen sowjetischen Funktion�ren gef�hrt,
wobei ihm klar bedeutet wurde, dass man seine Reformpolitik nicht zu
dulden gewillt sei. Tripalo vermutet, dass Breschnew Tito schliesslich
unter Druck gesetzt habe. Darauf flog Tito in die USA. Der amerikanische
Pr�sident Nixon habe offensichtlich nicht den Status des blockfreien
Landes dem Risiko der Breschnewschen "begrenzten Souver�nit�t" aussetzen
wollen und Tito Zusicherungen gegeben.
Ende November 1971 lud Tito die
kroatische F�hrung, die Partei- und Staatsf�hrung auf sein Jagdgut Karadjordjevo
ein, und nach zweit�gigen Auseinandersetzungen liess er am 2. Dezember
"die Fraktion" um Tripalo absetzen. Den Vorwurf des "Nationalismus"
f�r seine Wirtschaftsreformen musste sich Tripalo nun auch von h�chster
Stelle gefallen lassen. Tripalo beschreibt diese Tage mit dem Akzent,
den er im ganzen Buch setzt: Anschuldigungen und Anw�rfe h�tten vor
Argumenten den Vorrang gehabt. So sei Tito beispielsweise w�hrend seines
USA-Aufenthaltes die gezielte Information zugespielt worden, in Kroatien
fordere man die Aufnahme Kroatiens in die Uno, was Tito prompt der kroatischen
Regierung unterschob (wohlgemerkt: diese Forderung war einmal an irgendeiner
Studentenversammlung gefallen).
Gemassregelte Teilrepublik
Die Folgen f�r das kroatische Volk erwiesen sich als verheerend: Es
gab 50 000 Parteiausschl�sse, Tausende wurden verfolgt und gefangengenommen,
Tausende ihrer Funktion enthoben; man rechnet mit insgesamt 70 000 Opfern
der S�uberungen. Dass es keine Toten gab, schreibt Tripalo der Umsicht
der kroatischen F�hrung zu. Bei ihrer Abreise aus Zagreb habe die F�hrung
feststellen k�nnen, wie die ganze Stadt von Milit�r und Polizei aus
anderen Landesteilen umzingelt wurde. Darauf h�tten die auf ihre Absetzung
gefassten Kommunisten beschlossen, ihre "R�cktrittsschreiben" so zu
formulieren, dass sie m�glichst keine Reaktion bei den Massen provozierten.
Miko Tripalo legt ein ehrliches
Bekenntnis ab. Er gibt zu, dass die damaligen Forderungen weit entfernt
von den heutigen Ver�nderungen in Osteuropa waren. Der damalige Pluralismus
sei "ein Pluralismus der Interessen" gewesen, und niemand dachte an
ein Mehrparteiensystem oder eine parlamentarische Demokratie, wof�r
er sich nun im Schlusskapitel voll einsetzt. Trotzdem hat das kroatische
Volk die damalige kurzatmige Spielart der "Demokratie" als sehr positiv
empfunden: Es gab damals keine politischen Prozesse, die "b�rgerliche"
Kultur wurde nicht verteufelt, Massenmedien berichteten fast unverkrampft
�ber das Weltgeschehen, die Zensur trat in den Hintergrund.
Im Buch spricht ein Legalist, der
nur das zu tun bereit ist, was "die legalen und legitimen Gesellschaftsinstitutionen"
erlauben bzw. vorschreiben. Davon zeugt auch seine strikte Ablehnung
der von den ausl�ndischen Journalisten angebotenen Gespr�che w�hrend
seiner 18j�hrigen Verbannung: Er wolle nur dann reden, wenn er auch
in seiner Heimat reden d�rfe. Anderseits zeugt das Buch von einer unwahrscheinlichen
Naivit�t, die man mit gr�sstem Bem�hen nicht mit der intelligenten "�ffentlichen
Person" in Einklang zu bringen vermag. Offensichtlich hat Tripalo nie
begriffen, dass er in einem widerspr�chlichen Lande Politik betrieb,
in welchem die Argumente den Intrigen nie standhalten konnten. Ebensowenig
begriff er, dass er mit Leuten zu tun hatte, die - wie er selber spottet
- die kommunistische Moral auf ein h�heres Niveau als die b�rgerliche
gestellt hatten, weil ein Kommunist je nach Bedarf der h�heren revolution�ren
Interessen �ber Nacht die Meinung und Haltung zu �ndern bereit sei.