Johann Strauß Sohn im kroatischen Nationaltrikot. Was bedeutet das? Ist das nicht der Transfer des Jahrhunderts? Hat vielleicht in der Sommerpause ein kroatischer Club eine horrende Summe für ihn bezahlt, damit er ein paar Saisonen für sie spielt?
Oder hat einer der kroatischen Musikwissenschafter festgestellt, dass er kroatischer Abstammung ist, so wie vor mehr als 100 Jahren der ehrenwerte Ethno-Musikwissenschafter Franjo Kuha� dies bei Joseph Haydn festgestellt hat, weil seine Werke sehr viele kroatische Themen aus dem Burgenland enthalten?
Neeeeiiin. Wir wollten niemanden einbürgern, und auch nichts Tendenziöses behaupten. Erlauben Sie uns, zu allererst, unsere Bewunderung für eines der größten musikalischen Genies aller Zeiten kundzutun, diesem Wiener, der die österreichische Metropole mit seinen wunderschönen und charmanten Walzern, Polkas und Operetten in der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Die Statue Johann Strauß’ im Wiener Stadtpark ist in unserer Photomontage nur ein Symbol, mehr noch, eine „Ikone“ der Musik an sich, als eine der höchsten aller Künste, das wir mit einem anderen Symbol verbunden haben – mit den rot-weiß karierten Quadraten, die in der ganzen Welt immer mehr Menschen als das Schutzzeichen des historischen Wappens eines mediterranen, südeuropäischen Landes erkennen – nämlich Kroatiens.
Wissen Sie wie schwer es ist, jemandes Interesse zu wecken, für etwas, von dem er bisher noch nichts gehört hat? Genau so steht es um die kroatische Musik außerhalb seiner Grenzen. Kennen Sie vielleicht einen kroatischen Komponisten? Doch durch die lange Geschichte im Gebiet des heutigen Kroatien, von der im äußersten Süden geschichtsträchtigen und kulturell unerschöpflichen Perle der Adria – der Stadt Dubrovnik -, bis hin zum kontinentalen Osijek im Nord-Osten des Landes, und weiter bis zur ungarischen Grenze, lebte und wirkte eine Vielzahl von großartigen Komponisten: wussten Sie, dass nach schriftlich belegten Angaben, nach Italien, Dubrovnik die erste Oper der Welt hatte, die aber heute leider verschollen ist? In wieweit kennen Sie das große und vielfältige Erbe der traditionellen kroatischen Volksmusik – in ihrer enormen Breite – von der autochthonen, grellen und dissonanten Musik Istriens, über die zahmen und süßen Melodien der dalmatinischen Klapa-Gesänge, bis hin zu den vibrierenden Klängen der Tambura-Orchester Slawoniens? Historisch schicksalhaft verbunden im Rahmen der Monarchie, teilt das heutige Kroatien viel mit Österreich. Wie viele kroatische Komponisten und Musiker haben in den vergangenen Jahrhunderten in Österreich und in Wien studiert, gelebt und gewirkt, denen dieses Land und diese Stadt als Quelle der Inspiration gedient haben! Daher ist es sicherlich nicht hochmütig zu behaupten, dass das Wiener Publikum, mit dem Kennen lernen der kroatischen Musik, auch einen Teil seiner eigenen Geschichte kennen lernen wird – eine Klangwelt, die heute in neuem Licht erstrahlt, nachdem von ihr die jahrhunderte lange Patina entfernt wurde, und deren Schönheit und künstlerischer Wert unumstritten ist.
Heuer möchten wir das vierte Jahr hintereinander, unseren Freunden aus der österreichischen Metropole die Möglichkeit geben, einen Blick in den wertvollen Schatz der Musik aus Kroatien zu werfen, einem Land, das sie vor allem von den Düften des Sommers kennen, dem wunderschönen blauen Meer, der tausende Kilometer langen Küste und den traumhaften Inseln, auf den viele ihren Urlaub verbringen, umgeben von den berauschenden Düften mediterraner Pflanzen, von guten Weinen und Kostbarkeiten aus der blauen Adria.
In einer Fülle flüssiger Harmonien und bis zur Perfektion gebrachten Klänge männlicher Stimmen und mediterraner Stimmung, haben nun Musikliebhaber im Rahmen des diesjährigen Festivals die Möglichkeit, das Konzert der Klapa „Cambi“ zu genießen, eines der besten kroatischen Ensembles dieser Art, und am Tag davor wird uns die Pianistin Olga Papikina, eine gebürtige Russin, zusammen mit einer der größten jungen österreichischen Geigerinnen, Katharina Engelbrecht, neben den grandiosen Werken J. Brahms, auch mit zwei kleinen Meisterwerken kroatischer Musiker bekannt machen: der außerordentlich talentierten und mit einem tragischen Schicksal gebrandmarkten Gräfin Dora Peja�evi� und einem der größten kroatischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, Boris Papandopulo.
Es ist uns ebenfalls eine große Ehre, einige der besten Pianistinnen vorzustellen: Martina Filjak, die dieses Jahr die Preisträgerin einiger der angesehensten Klavierwettbewerben geworden ist, Sussana Artzt, die herausragende österreichische Pianistin mit kroatischen und indischen Wurzeln (deren Konzertgast der angesehene Wiener Cellist Ottmar Müller sein wird), und last but not least, Tamara Jurki� Sviben, die talentierte Musikerin, die für uns den Schleier der Geschichte einer dunklen Epoche entfernen wird und uns bekannt machen wird, mit den bis jetzt völlig unbekannten Werken kroatischer Komponisten jüdischer Herkunft, von denen viele Opfer des Holocaust wurden, und deren Werke erst vor kurzem wieder entdeckt wurden. Das Konzert des Kammerorchesters aus Zadar wird uns die Möglichkeit geben, junge, leidenschaftliche Vollblutmusiker zu hören, die über eine perfekte Technik verfügen: den Dirigenten Ivan Repuši�, den Trompetenspieler Vedran Kocelj, den Pianisten Danijel Detoni und den Gitarristen Petrit Çeku; einige von ihnen sind, ohne übertreiben zu wollen, die talentiertesten Musiker der ganzen Region. In den Sakralbauten Wiens, der monumentalen St. Peterskirche und der Kirche Am Hof, wird uns der Organist Mario Perestegi, der schon auf den prächtigsten Orgeln europäischer Kirchen spielen durfte, seine Kunst präsentieren. In eine berauschende klangliche Fülle dürfen wir beim Konzert eines der repräsentativsten kroatischen Ensembles eintauchen – dem Bläserorchester der Kroatischen Armee, unter der Leitung des hervorragenden Tomislav Fa�ni, in Zusammenarbeit mit dem Sänger Matija Meji�. Das Ensemble «arTrium» ungarisch-kroatisch-amerikanischer Herkunft, der drei geschickten Künstlerinnen Jelena Mortigjije Reiter, Zsuzsanna Anzinger-Nagy und Odile Skarnes, entführt uns in die Welt der modernen Musik, wo wir einige der aktuellsten kroatischen Musikstücke hören können, und sogar eine Uraufführung ((F. �urovi�, K. Seletkovi�), und am Anfang und dem Ende des Festivals erwarten uns zwei musikalische Leckerbissen aus der Welt des Jazz: der sensible Vollblutpianist Joe Meixner wird uns seine Kunst der Improvisation demonstrieren, und zwar auf Themen des schon oben erwähnten Zagreber Komponisten B. Papandopulo, das ihm am zweiten Piano der Professor der Zagreber Musikakademie, Dalibor Cikojevi�, unterbreiten wird. Das Süße kommt zuletzt – der originelle Zagreber Jazz-Gitarrist mit Wohnort in Köln, Renato Ro�i�, lädt in den legendären Wiener Jazz Club Porgy & Bess, hervorragende Musiker ein, wie den ausgezeichneten deutschen Saxofonisten Jan von Klewitz, den Mazedonier Martin Gjakonovski, und sogar einen DJ – und zwar DJ „Resq“ Simon Haehnel, sowie das Jazz-Dream-Team – Saša Nestorovi�, Davor Kri�i�, Matija Dedi� und Kruno Leva�i�.
Doch kehren wir nun zum Anfang zurück: wir sind uns sicher, dass Johann Strauss, wenn er die Möglichkeit hätte diese Konzerte zu hören, für die wir ihn völlig schuldlos als Werbeträger engagiert haben, nichts gegen so eine Aufgabe hätte, und gemeinsam mit uns dieses hohe Niveau der kroatischen Musiker bei diesem Festival bewundern würde.