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Kulturf�derung der Pro Helvetia
Interview mit Stiftungsr�tin Dragica Rajcic


Nema slobodnoga naroda da se ne nastoji predstaviti drugim narodima.

Razli�iti su na�ini kako to pojedini narodi �ine. �vicarska se na kulturnom podru�ju predstavlja posredstvom zaklade "Pro Helvetia". Zakladom upravlja Stiftungsrat na �ijem je �elu Yvette J�ggi. Jedna od �lanica upravnoga tijela zaklade "Pro Helvetia" je i Hrvatica Dragica Raj�i�, poznata pjesnikinja i autorica vi�e knjiga na njema�kom. Ovdje prenosimo razgovor Dragice Raj�i� s Peterom Surberom, urednikom kulture u St. Galler Tagblattu, o zakladi "Pro Helvetia".


Kulturf�derung der Pro Helvetia
Interview mit Stiftungsr�tin Dragica Rajcic


Nach der Hirschhorn-Debatte im Parlament muss Pro Helvetia eine Million einsparen. Wie geht das?
Dragica Rajcic: Wir versuchen, nicht zuviel in der direkten Kulturf�rderung zu streichen, sondern auch im Bereich der Verwaltung. Anfang April wird die Stiftung dar�ber informieren.

Die kostenintensive Verwaltung und der allzu grosse Stiftungsrat: Das war im Rat einer der Kritikpunkte an Pro Helvetia.
Rajcic: Das neue Pro Helvetia-Gesetz, das im Sommer in die Vernehmlassung geht, soll da eine Kl�rung bringen. Was den Stiftungsrat betrifft: F�r die bisherige Gr�sse spricht, dass damit die Vielfalt des Schweizer Kulturlebens vertreten ist, ebenso die Sprachregionen, Sichtweisen und gesellschaftlichen Schichten. Umgekehrt k�nnte ein verkleinerter Stiftungsrat schneller entscheiden.

Pflichten Sie also der oft ge�usserten Kritik bei, Pro Helvetia sei im Innern reformbed�rftig?
Rajcic: Ich muss dazu sagen, dass ich erst ein Jahr dabei bin. Aber was nur schon in diesem Jahr geleistet wurde, an Verbesserungen der Abl�ufe etwa, ist immens. Bei der Stiftung arbeiten hochqualifizierte Leute. Aber klar
ist: Alle Verbesserungen brauchen Zeit. Damit sind wir bei der Aff�re Hirschhorn: Die Gefahr ist, dass jetzt etwas gestoppt wird, was weiterlaufen sollte. Es wurde gespart, die Abl�ufe werden verbessert, und jetzt das...

Finden Sie es denn nicht gut, dass man �ber Pro Helvetia �ffentlich
diskutiert?
Rajcic: Die Frage ist, in welcher Art. Man m�sste zumindest einr�umen, dass ganz viele Dinge in Bewegung, und in einer guten Bewegung sind. Wer sieht, wie viele und komplexe Projekte hier behandelt werden, oft auch im Ausland, muss anerkennen: Das ist eine Riesenarbeit.

Die Verwaltung und Direktor Pius Kn�sel h�tten gern mehr eigene Kompetenzen. Was meinen Sie dazu?
Rajcic: Ich verstehe, wenn Kn�sel sagt, die langen Entscheidungswege machten
die Organisation schwerf�llig. Das ist nicht unbedingt eine Machtfrage, sondern ich w�rde das als eine der Kultur dienende Ver�nderung unterst�tzen. Die Welt ist so schnell - da braucht es auch schnelle Institutionen. Von aussen entsteht der Eindruck eines Seilziehens zwischen Stiftungsrat und Gesch�ftsf�hrer. In Wirklichkeit ist das nicht so.

Dennoch: Die Dauerreform absorbiert viele Kr�fte. Das Malaise der Pro Helvetia sei, dass sie mehr mit sich selber besch�ftigt sei als mit der F�rderung der Kultur.
Rajcic: Nein, das stimmt nicht. Mehr Schnelligkeit und m�glichst einfache Wege f�r Antr�ge: das dient ja in erster Linie den Gesuchsstellern. Neben Formellem ist aber auch inhaltlich viel im Fluss. Es gibt mehr soziokulturelle Projekte, welche Pro Helvetia selber initiiert und durchf�hrt. Die "Galleria" am Gotthard oder Migrationsprojekte oder "swixx"
- das war gewissermassen eine Richtungs�nderung...

...die nun wiederum heftig kritisiert wird: Das seien teure und unn�tze Projekte.
Rajcic: Ich bedaure diese Kritik. Denn diese Programme greifen jeweils ein gesellschaftliches Thema auf, das brennt. Die dazu geh�rigen Projekte machen nicht wir, sondern die K�nstler; sie werden dank der Stiftung jedoch vernetzt, und so erh�lt das Thema Profil. �hnlich arbeiten Kulturstiftungen in Deutschland oder Holland. Wenn nun im Bereich der Soziokultur abgebaut
wird, heisst das, dass nur noch die so genannt b�rgerliche Kultur
f�rderungsw�rdig sein soll. Die "Kultur von unten" fiele weg. In "swixx" etwa geht es darum, zu realisieren, dass jeder vierte oder f�nfte K�nstler in der Schweiz einen ausl�ndischen Pass hat, und dass uns bewusst wird, welch kultureller Reichtum dem Land dadurch entsteht. Der Abbau solcher soziokultureller Projekte ist ein ungutes Zeichen, vergleichbar dem Hirschhorn-Streit: Die Gefahr besteht, dass sozialkritische Kunst, Kunst, die sich einmischt, zu kurz kommt. Und gef�rdert wird das, was weniger weh tut.

Es w�re also eine gewissermassen konservative Wende, die sich in dem Streit um Hirschhorn zeigt?
Rajcic: Die ganze Diskussion �ber die Kultur bricht jedenfalls in einem Moment aus, wo der Staat zur Wirtschaft fast gar nichts mehr zu sagen hat. Wo bleibt ihm denn noch Einfluss? Eben auf dem Feld der Kultur, wo man sich deshalb jetzt positioniert. Die "Baustelle Kultur" ist ein Ort, wo die Politik die Idee hat, sie k�nne noch auf die Produktion einwirken und sogar
mitreden, was f�rderungsw�rdig sei. Aber diese Zeiten sind doch l�ngst vorbei. Man soll den K�nstlern und dem Publikum �berlassen, sich ein Bild davon zu machen, was wichtig ist, wie sie die Wirklichkeit sehen usw.

Nicht alles, was sich Kunst nenne, sei f�rderungsw�rdig, hiess es im Parlament. Man m�sse daher besser kontrollieren, wohin das Geld geht.
Rajcic: Ich verstehe nicht sehr viel von Politik, und ich gehe davon aus, dass umgekehrt die wenigsten Politiker Kenner der Kunstszene sind. Da ist es nat�rlich einfach, gewissermassen sein Stammtischwissen, den "gesunden
Menschenverstand" ins Spiel zu bringen. Ich glaubte, das sei l�ngst kein Thema mehr. Wie stellt man sich denn vor, die Kunst zu kontrollieren? Will man mit dem Taschenl�mpli hingehen und feststellen: das ist jetzt aufbauend und das ist zerst�rerisch? Das zwanzigste Jahrhundert hat ausreichend gezeigt, wohin das f�hren kann. Ich nehme die Kontroll-Drohung daher nicht
so ernst. Das wird in einem Jahr kein Thema mehr sein.

Das ist nicht so sicher. Die Politik will sich gerade beim neuen Pro
Helvetia-Gesetz mehr Einfluss verschaffen. Oder, so ein Vorschlag von FDP-Seite, das Inlandgesch�ft von Pro Helvetia ans Bundesamt f�r Kultur zu �bertragen und nur noch die Auslandarbeit bei der Stiftung zu belassen.
Rajcic: Nein, bitte.... Man muss doch einmal das Positive sagen. Pro Helvetia: Das bedeutet die sinnvolle "Auslagerung" von Kulturf�rderung vom Parlament weg an eine neutrale und kompetente Institution, welche
abgekoppelt ist von der Verwaltung. Diese jetzt wieder st�rker einzubinden - da w�ren wir zur�ck in den armseligen F�nfziger Jahren. Da ist dann die Frage, warum passiert das jetzt?

Und - warum passiert das jetzt?
Rajcic: Weil die Politik irgendwo noch ihr S�ppchen kochen will, und das S�ppchen wird immer d�nner. Es ist ein Angstreflex: die Angst vor der Bedeutungslosigkeit der Politik. Und es ist, seien wir ehrlich, wohl auch eine Angst, dass Kultur einen "kritischen" Einfluss haben k�nnte auf das Bewusstsein.
Vielleicht bin ich naiv, aber mir f�rchtet es vor der Pro Helvetia Zukunft nicht sehr. Gut, sie haben eine Million gek�rzt. Aber Kultur entsteht ja, weil sie eine Lebensnotwendigkeit ist, und das kann man nicht "k�rzen" oder bremsen. Abgesehen davon: je rigoroser ein Staat gegen Kulturschaffende vorgeht, desto unerbittlicher wird das Klima. Das gab es, das kennen wir, ich finde es nicht wiederholungsw�rdig.

Es gab im Parlament offenbar auch die Ansicht, es gebe viel zu viel Kultur eine grunds�tzlich kultur-negative Haltung also.
Rajcic: Wer sagt, wir h�tten zuviel Kultur, sieht nicht hinter die Kulissen. Man muss dann zumindest fragen: Wer hat Zugang zu Kultur, wie teuer sind die Eintritte, wer kann sich Kultur leisten, wer produziert Kultur? Welche Bedingungen braucht es, dass Kultur entsteht? Die Antwort lautet dann: Es
gibt viel zu wenig Kultur; an den Schulen entsteht zum Teil schon ein Defizit. Mit dem Kasten im Wohnzimmer ist es nicht getan. Nein, dass es zu viel Kultur geben soll... ich kann das nicht fassen... kann es je zu viel Kultur geben?

Vielleicht m�sste man pr�zisieren: Es gibt viel gef�rderte Kultur, von der nur ein ausgew�hltes Publikum profitiert.
Rajcic: Das ist ein ernster zu nehmender Vorwurf: dass teils spezialisierte Projekte gef�rdert werden, die kaum eine Breitenwirkung haben. Wobei man sogleich einwenden wird: Es ist gerade die Aufgabe von Kulturf�rderung, weniger "Mehrheitsf�higes" zu f�rdern, die Speerspitze, die Avantgarde - und nicht das, was F�rderung gar nicht n�tig hat.

Kultur sei schon in Ordnung, aber sie solle ein gutes Bild der Schweiz zeichnen: So lautete das wohl problematischste Argument in der Parlaments-Diskussion.
Rajcic: Die Hirschhorn-Ausstellung war immerhin die erfolgreichste in der Geschichte des Centre Culturel Suisse. Sie hat also ihre Markttauglichkeit blendend bewiesen. Und auch die Diskussion �ber Demokratie hat stattgefunden. Hirschhorn hat seine Ziele erreicht, besser ginge es gar nicht. Nur dass die Schweizer Kulturschaffenden jetzt die Folgen zu tragen
haben - das war nicht einkalkuliert.

Die Diskussion hat aber nur darum stattgefunden, weil sich die Politikb eingemischt hat.
Rajcic: Dennoch finde ich, die Art der Debatte stehe der Schweiz nicht gut an. Ich bin ja fast schon patriotisch, was die Schweiz betrifft. Und manchmal scheint es mir, es gebe zwei Schweizen, eine fortschrittliche, in die Welt schauende und f�r Europa modellhafte Schweiz - und dann passiert so
etwas, und man fragt sich, muss das so armselig und provinziell daherkommen? Mehr Grossz�gigkeit w�nschte ich mir. Ich m�chte aber nicht in Panik und ins Lamentieren ausbrechen. Die Zeit kann man nicht zur�ckdrehen.

Dass die Pro Helvetia einen Teil ihrer Unabh�ngigkeit einb�sst, das k�nnte �ber die gestrichene Million hinaus eine l�ngerfristige Konsequenz sein. Schlimm?
Rajcic: Das Erfolgsrezept einer Kulturf�rderung ist, dass sie politikfern arbeiten kann. Daf�r muss auch der Stiftungsrat k�mpfen. Gewiss: Wir sind vom Bundesrat gew�hlt, und das Geld ist vom Parlament gesprochen. Es ist aber ein Globalkredit, und wenn jetzt die Angst auftaucht, in der Stiftung werde quasi mit Geld um sich geworfen, so muss man dem entgegenhalten: Im
Stiftungsrat sitzen verantwortungsvolle und erwachsene Menschen, die �ussert genau schauen, was mit den F�rdermitteln passiert. Pro Helvetia darf nicht zu einem "Kurier" f�r die Anliegen der Politik umfunktioniert werden.

Also w�ren Sie auch gegen pr�zise Leistungsvereinbarungen?
Rajcic: Die gibt es im Prinzip jetzt schon mit den Mehrjahreskrediten. Leistungsvereinbarung ist ein sch�nes neues Wort - und es ist zweifellos sinnvoll, Vorg�nge auf ihre Effizienz zu pr�fen und wenn n�tig zu verbessern. Aber inhaltliche "Leistung" - eben: die Schweiz in einem guten Licht darzustellen - nein, das ist die Aufgabe der Touristiker. Kunst hat
damit nichts zu tun, es ist l�cherlich.

Immerhin: "Pr�senz Schweiz" hat im Jahr zehn Millionen zur Verf�gung, um im Ausland ein sch�nes Bild von unserem Land zu zeigen.
Rajcic: Ich bin �berzeugt, dass das Ausland bereits ein wundersch�nes Bild von der Schweiz hat. Die muss sich gar nicht bem�hen, sich noch sch�ner zumachen.

Interview: Peter Surber St. Galler Tagblat


 



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